Es gibt ja zwei Sorten von Pressestellen. Diejenigen, bei denen Journalisten dauernd anrufen und diejenigen, bei denen fast nie jemand anruft. Bei denen man sich freut, wenn das Telefon klingelt – und dann ist es doch wieder eine Firma, die einem eine Medienresonanzanalyse verkaufen will. Was man dann natürlich nicht kauft, denn die paar Artikel, die über die eigene Institution erscheinen, kriegt man auch mit eigener Recherche noch zusammengesucht. Was macht man da, um hin und wieder mal Aufmerksamkeit zu bekommen? Man macht in Guerilla.
Der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco hatte so ein Problem wie oben beschrieben. Er stand im Schatten des großen Bruders Bitkom. Aber er hatte gegenüber Bitkom einen Vorteil: er hatte bei einigen Themen, bei denen der große Bruder aus Rücksicht auf seine heterogen zusammengesetzten Mitglieder ziemlich wischiwaschi agieren musste, eine klare Haltung. Eines dieser Themen war der Umgang mit Urheberrechtsverletzungen im Internet.
Unser großer Gegenspieler war hier der Bundesverband der Musikindustrie. Dort wollte man am liebsten, dass Internet Provider Polizei spielen und ihre Kunden nicht nur überwachen, sondern auch vom Internet abklemmen, wenn diese illegal downloaden oder – noch schlimmer – uploaden. Die Mitglieder von eco hingegen wollten Breitbandanschlüsse verkaufen und das Netz am Laufen halten, für den Nebenjob als Polizist wollten sie weder das Geld und Personal spendieren, noch hatten sie Interesse am daraus resultierenden Ärger und Rechtsstreit.
Als der Bundesverband der Musikindustrie seine Jahrespressekonferenz ankündigte, war mir sofort klar, dass dort wieder unangenehme Forderungen an unsere Mitglieder gestellt werden würden. Also meldete ich mich erstmal dort als Privatperson an. Mit meinem Blog. Was klappte. Dann telefonierte ich mich bei den Presseagenturen durch, bis ich schließlich den Kollegen hatte, der über die Jahrespressekonferenz berichtete. Und bot ihm eine pointierte Gegenmeinung zu dem an, was er dort hören würde.
Das kommt bei Presseagenturen in der Regel ganz gut an. Die verdienen ihr Geld nämlich besonders dann, wenn sie aus einem Ereignis mehrere Meldungen generieren können. Die erste Meldung heißt: „A hat gesagt…“. Dann folgt „Update: A sagte außerdem“ und so weiter. Schön ist es, wenn man dann noch „B widerspricht A“ melden und verkaufen kann, und am Ende des Tages dann eine Zusammenfassung.
Ich lauschte also der Pressekonferenz, machte meine Notizen. Und hinterher telefonierte ich mit dem Kollegen von der Nachrichtenagentur, nahm die gehörten Argumente auseinander, und lieferte ihm ein Zitat von meinem Chef. Ergebnis: Unser Gegenspieler veranstaltete eine Pressekonferenz, und wir waren endlich mal wieder in der Presse. Und es gab einen Journalist mehr, der uns kannte.