Wie spricht man eine Ministerin an, für die man arbeitet? Mein Chef duzte sie und nannte sie Herta, aber ich sagte am Anfang immer brav „Frau Ministerin“, und sie zu mir „Frau Strasser“. Irgendwann waren wir dann mal so warm miteinander, dass sie mich „Maritta“ nannte und weiter siezte. Wie eine Zahnarzthelferin. „Maritta, übernehmen Sie bitte die Pressemitteilung zur Zivilrechtsreform?“ Meine Antwort, auch schon etwas lockerer: „Mach ich, Frau Däubler-Gmelin.“

Seit sie aus dem Amt ist, und ich auch, treffen wir uns in größeren Abständen. Und wir duzen uns.

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Medien- und Machtfragen

Rupert Murdoch stellt die „News of the World“ ein. Und ich habe bisher noch keinen Kommentar gelesen oder gehört, der dieses Erdbeben in der Medienlandschaft so einsortiert, wie es in meinen Augen gewertet werden sollte.

Medienfragen sind Machtfragen, so viel ist bekannt. Politik und Medien, insbesondere des Boulevard, sind in Großbritannien eine korrupte und korrumpierende Allianz eingegangen, auch das war vor der jüngsten Eskalation des Abhörskandals jedem, der es wissen wollte klar.

Aber warum hat noch niemand erkannt, was jetzt neu ist? Was die Situation heute verändert? Neu ist die Gegenwehr der Leser, die Gegenwehr der Opfer des „Witwenschüttelns“ und anderer verachtenswerter Praktiken, die, machen wir uns nichts vor, auch in Deutschland geübt werden.

Im Königreich war es ein höchst erfolgreicher Anzeigenboykott, vorangetrieben von Prominenten wie Hugh Grant, einem der zahlreichen Opfer der Abhörpraktiken des Murdoch-Boulevards. Dieser Anzeigenboykott, nicht die bessere Einsicht eines Rupert Mordoch, hat der News of the World letztlich das Totenglöcklein geläutet.

An diesem ersten großen Erfolg einer Kampagne gegen ein Massenmedium  ist zweierlei bemerkenswert. Erstens, die Prominenten lassen es nicht mehr dabei bewenden, sich mit Hilfe von Anwälten finanziell entschädigen zu lassen. Sie schlagen auf dem eigenen Terrain der Medien zurück. Das können sie nur tun, weil zweitens, die Medien seit der Erfindung des Internets einen Rückkanal haben. Die Leser können antworten. Und das tun sie, immer massenhafter, immer selbstbewusster.

Macht- und Medienfragen stellen sich im Internetzeitalter neu. Wir leben in spannenden Zeiten.

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Im Sturm

Es gibt viel, was man in meinem Beruf für seinen Arbeitgeber tun kann. Eigentlich geht immer irgend etwas. Eigentlich. Es gibt nämlich auch totale Hilflosigkeit. Die habe ich genau ein mal erlebt.

Am 1. Juni 2003 wechselte ich vom Bundesjustizministerium zum Zentralrat der Juden in Deutschland. Das war nach dem Wechsel an der Spitze des Ministeriums notwendig geworden, denn die neue Ministerin hegte ein tiefes Misstrauen gegen alle Vertrauten ihrer Vorgängerin. Herta Däubler-Gmelin hatte mich mit Michel Friedmann bekannt gemacht, und der bot mir den Job im Zentralrat an.

Ich war zwei Wochen dort und hatte den Vizepräsidenten noch nicht ein mal gesehen. Ich versuchte, mich so gut es ging einzuarbeiten und einen Zugang zu den Menschen dort zu bekommen – nicht einfach, sage ich nur. Mein Büro hatte ich sehr provisorisch in einem Konferenzraum errichtet, ich kämpfte mit dem jüdischen Kalender, dem System der Archivierung und mit einer verwirrenden Vielfalt von neuen Namen und Begriffen. Den Nachrichtenticker von dpa hatte ich in meinem Internetbrowser immer offen. Und dort sah ich dann die Nachricht: Drogenfund beim Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden. Zunächst gab es natürlich noch so etwas wie professionelles Handeln. Die Meldung ausdrucken und zum Chef stürmen, ihn danach mit den sich überschlagenden und immer unappetitlicheren Einzelheiten versorgen, das verdeckte erst einmal die Hilflosigkeit.

Danach verbrachte ich Tage damit, Anrufe abzuwimmeln. Meine größte Sorge war, dass ein Journalist mich mit irgendeinem Satz, und sei es auch nur ein belangloses „das kann ich Ihnen nicht sagen“ zitieren würde. Ich versuchte, mit den Kopf über eine mögliche Stellungnahme zu zerbrechen. Aber die Entscheidung war, nicht Stellung zu nehmen. Und vielleicht war die auch richtig. Denn alles was mir eingefallen war, war auch nicht besser als nichts.

Heute nennt man so etwas Shitstorm. Ich finde, das trifft es.

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Energiesparend forschen?

Wenn man an die großen Energiefresser denkt, kommt einem alles Mögliche in den Sinn. Standby-Modi, schlecht gedämmte Häuser, Fahrten mit dem PKW zum Zigarettenautomaten. Aber Hand auf’s Herz: Schon mal an die Wissenschaft gedacht? Ah, jetzt fällt vielleicht bei Ihnen der Groschen und Sie denken an den Teilchenbeschleuniger LHC in Genf. Sicher ein Energiefresser, aber auch die biomedizinische Forschung ist nicht ohne.

Das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in Berlin-Buch hat seit seiner Gründung im Jahr 1992 immer wieder enorm in Infrastruktur investieren müssen, damit die Energieversorgung sichergestellt bleibt. Das fängt mit den Laboren an, die auf 18 Grad gekühlt werden müssen im Sommer (bzw. geheizt im Winter). Was kaum ein Mensch weiß: Die Abzüge in den Laboren haben eine Luftwechselrate von 8 Mal pro Stunde. Diese Luft muss temperiert werden. Einmal den Abzug offen stehen lassen, und der Energiebedarf eines Einfamilienhauses geht den Kamin hoch.

Unsere Wissenschaftler haben ihre Büros im größten Laborgebäude platt nach Süden raus, damit die Labore die schattige Nordseite haben. Das motiviert im Sommer, sich nicht allzu lange am Schreibtisch aufzuhalten… Was natürlich nicht der Zweck der Übung ist, sondern es geht ums Energiesparen. Und das heißt bei Laboren Kälte sparen, Wärme abweisen. Energiesparender Laborbau funktioniert also genau andersherum als energiesparender Haus- oder Bürobau. Weswegen an den Leitlinien für nachhaltigen Laborbau derzeit noch getüftelt wird, unter Mitwirkung auch des MDC.

Aber nicht nur die Bauten sind ein energetisches Problem. Heutige Wissenschaft ist eine gewaltige Materialschlacht. Der Server für unsere Systembiologen frisst mehr Strom, als die 30 KW Solaranlage auf dem Labordach liefert. Und es ist nur einer. An dem High-Tech-Einsatz führt aber andererseits kein Weg vorbei, vor allem wenn man heute größeren, bislang ungelüfteten Geheimnissen von Gesundheit und Krankheit auf die Spur kommen will.

Was das MDC vorhat, ist konsequent auf dezentrale Energieerzeugung, Kälteverbundnetze, hocheffiziente Wärmetauscher und die Schulung der Mitarbeiter zu setzen. Vor allem bei ersteren braucht der Forschungscampus in Buch den Schulterschluss mit seinen Nachbarn (das sind zuallererst die Wohnungsgesellschaften und die Kliniken), damit die erforderliche Ausfallsicherheit gewährleistet ist. Und es braucht Investitionen des Landes Berlin. Langfristig sparen diese viel Geld und sie leisten einen echten Beitrag für den Aufbau nachhaltigerer Energieversorgungsstrukturen. Ob wir das wohl hinbekommen?

Zum Hintergrund: Die Green Campus Broschüre des MDC.

 

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Agenda Setting

Dass ausgerechnet jetzt wieder Paul Kirchof durch die Medien geistert, kann zufällig finden, wer mag. Nehmen wir mal an, es hätte eine Anregung an ihn aus Kreisen der Bundesregierung gegeben, sich doch mal wieder mit einem aus der Schublade gezogenen Papier zu Wort zu melden, gerade jetzt, da die FDP mit dem Steuersenkungsthema keine Punkte sammeln kann, nun, das würden wir doch einen klugen Schachzug nennen, oder nicht?

Ob die Strategie zieht, ist allerdings eine andere Frage. Vielleicht haben die Leute angesichts der Lage in Griechenland auch einfach andere Sorgen.

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Guerilla Pressearbeit

Es gibt ja zwei Sorten von Pressestellen. Diejenigen, bei denen Journalisten dauernd anrufen und diejenigen, bei denen fast nie jemand anruft. Bei denen man sich freut, wenn das Telefon klingelt – und dann ist es doch wieder eine Firma, die einem eine Medienresonanzanalyse verkaufen will. Was man dann natürlich nicht kauft, denn die paar Artikel, die über die eigene Institution erscheinen, kriegt man auch mit eigener Recherche noch zusammengesucht. Was macht man da, um hin und wieder mal Aufmerksamkeit zu bekommen? Man macht in Guerilla.

Der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco hatte so ein Problem wie oben beschrieben. Er stand im Schatten des großen Bruders Bitkom. Aber er hatte gegenüber Bitkom einen Vorteil: er hatte bei einigen Themen, bei denen der große Bruder aus Rücksicht auf seine heterogen zusammengesetzten Mitglieder ziemlich wischiwaschi agieren musste, eine klare Haltung. Eines dieser Themen war der Umgang mit Urheberrechtsverletzungen im Internet.

Unser großer Gegenspieler war hier der Bundesverband der Musikindustrie. Dort wollte man am liebsten, dass Internet Provider Polizei spielen und ihre Kunden nicht nur überwachen, sondern auch vom Internet abklemmen, wenn diese illegal downloaden oder – noch schlimmer – uploaden. Die Mitglieder von eco hingegen wollten Breitbandanschlüsse verkaufen und das Netz am Laufen halten, für den Nebenjob als Polizist wollten sie weder das Geld und Personal spendieren, noch hatten sie Interesse am daraus resultierenden Ärger und Rechtsstreit.

Als der Bundesverband der Musikindustrie seine Jahrespressekonferenz ankündigte, war mir sofort klar, dass dort wieder unangenehme Forderungen an unsere Mitglieder gestellt werden würden. Also meldete ich mich erstmal dort als Privatperson an. Mit meinem Blog. Was klappte. Dann telefonierte ich mich bei den Presseagenturen durch, bis ich schließlich den Kollegen hatte, der über die Jahrespressekonferenz berichtete. Und bot ihm eine pointierte Gegenmeinung zu dem an, was er dort hören würde.

Das kommt bei Presseagenturen in der Regel ganz gut an. Die verdienen ihr Geld nämlich besonders dann, wenn sie aus einem Ereignis mehrere Meldungen generieren können. Die erste Meldung heißt: „A hat gesagt…“. Dann folgt „Update: A sagte außerdem“ und so weiter. Schön ist es, wenn man dann noch „B widerspricht A“ melden und verkaufen kann, und am Ende des Tages dann eine Zusammenfassung.

Ich lauschte also der Pressekonferenz, machte meine Notizen. Und hinterher telefonierte ich mit dem Kollegen von der Nachrichtenagentur, nahm die gehörten Argumente auseinander, und lieferte ihm ein Zitat von meinem Chef. Ergebnis: Unser Gegenspieler veranstaltete eine Pressekonferenz, und wir waren endlich mal wieder in der Presse. Und es gab einen Journalist mehr, der uns kannte.

 

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Die Sprecherkonferenz

Als Pressesprecherin in einem Bundesministerium lernt man die Maschinen der Macht von innen kennen. Eines der vielen Rädchen, das die Maschine am Laufen hält ist eine altertümlich aussehende, aber doch abhörsichere und damit technisch vermutlich nicht ganz triviale Anlage, mit der die Pressereferate ihre morgendliche Konferenz abhalten. Es war ein Kasten im Büro unseres Chefs Thomas Weber, aus dem ein Mikro ragte. Er wies Leuchtknöpfe für jedes Ressort auf, und einen Knopf, den man drücken musste, um zu sprechen und von den anderen gehört zu werden.

Die Sprecherkonferenz begann um 10, mehr oder weniger pünktlich. Wenn der Kasten die Stimme des Regierungssprechers und Leiters des Bundespresseamtes vernehmen ließ, rief Thomas „es geht los“ und wir Stellvertreter stürmten aus unseren immer offenen Türen in sein Büro. Reihum war einer von uns dran, am Mikrofon nach genau feststehender Reihenfolge einen kurzen Bericht zur Presselage und zu geplanten Aktivitäten abzugeben. Thomas wies uns übrigens an, nichts allzu wichtiges preis zu geben. Große Interviews der Ministerin, solche die Pflöcke einschlagen, verschwieg man besser. Sonst pfuschte einem nachher noch der Kanzler oder der Innenminister dazwischen. Heute hatte Christian Arns den Job am Mikro, Thomas und ich saßen daneben.

Auf der Seite des Bundespresseamts leitete heute Charima Reinhardt die Sitzung. Sie ging die Aufmacher und Meldungen des Tages kurz durch. Zu diesem Zeitpunkt machte gerade ein Medikament einige Schlagzeilen, RU 486, auch bekannt unter dem Markennamen Mifegyne, mit dem man einige Tage „danach“ eine Schwangerschaft abbrechen kann. Die Debatte drehte sich um ethische Fragen des Umgangs mit einem solchen Werkzeug. Dieses Vorwissen setzte Frau Reinhardt natürlich voraus. Sie sagte bloß einen Satz: „Ich habe ein bisschen Bauchschmerzen wegen der Mifegyne.“

Blitzschnell drückte Christian den Sprechen-Knopf und sagte: „Das tut mir leid mit den Bauchschmerzen.“

Ich weiß nicht, wie die Sprecherkollegen in den anderen Ressorts reagierten. Vermutlich stöhnten sie auf oder schüttelten die Köpfe. Wir aber kicherten noch tagelang. Unser Chef auch.

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Neue Homepage

Menschen, die Kommunikation zu ihrem Beruf machen sind ja in der Regel eher nicht schüchtern, und sie reden auch gerne mal über sich selbst und ihre Arbeit. Das tun sie aber auf interessante Art und Weise, und sie wissen so manche lehrreiche Anekdote zu erzählen. Genau das habe ich mir für diese Seite hier vorgenommen.

Meine jüngste Erfahrung, die auch hinter diesem neuen Auftritt steckt lautet: Finger weg von Joomla! Es kostete mich Nerven und sah scheußlich aus. Mit WordPress arbeitet es sich sehr viel angenehmer. Ein wenig Geduld noch, nach und nach kommen hier die Inhalte!

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