Unsere Zeit schreit nach Inszenierungen, ist geradezu süchtig danach. Und gleichzeitig sind Inszenierungen verhaßt – wenn sie als solche offenbar werden. Man will die Geschichten lesen die so viel einnehmender sind als es die Wirklichkeit jemals sein kann. Aber dass sie nicht wahr sind, das überrascht und verletzt die Leute dann doch. So viel Einfalt in dem naiven Glauben noch steckte – desillusioniert lassen sich die Menschen nichts mehr vormachen. Sie erkennen ihresgleichen: fehlbar, zweifelhaft, unzuverlässig – und senken den Daumen.
Deshalb wird in der nächsten Umfrage von einem der großen Institute eine Mehrheit der Deutschen dafür sein, dass Bundespräsident Wulff zurücktritt. Was er aber bis dahin wahrscheinlich ohnehin bereits getan haben wird.
Mitleid mit dem Bundespräsidenten ist nicht angebracht. Er hat das Spiel schließlich selbst gespielt, das er jetzt verliert.
Aber es ist schon des Nachdenkens wert, was die Alternative ist für Politiker und Politikerinnen. Ob und wenn ja wie sie auf eine Selbstinszenierung in dieser Art verzichten können. Muss es wirklich sein, dass die Mächtigen sich so stark verstellen? Übertriebenes Geltungsbedürfnis, Selbstgerechtigkeit und Geiz stoßen ab. Also kann der Typ Egomane, wie er in der Politik häufiger vorzukommen scheint, nur lügen um sympathisch zu sein. Wir brauchen dringend eine Auswahl von Leuten für Mandate, die nicht länger die menschlich verkümmerten, moralisch unsensiblen Intriganten und Machttaktiker begünstigt, sondern Menschen mit dem Bedürfnis, sich für andere einzusetzen. Dann klappt’s auch mit dem Bundespräsidenten.