Bad News are Good News, heißt es unter Journalisten. Was keine schlechte Nachricht ist, weckt kein Interesse. Was funktioniert, findet keine Beachtung. Keiner will das lesen, sehen oder hören, sagen die Leute vom Fach.
Ist das wirklich so? Ich mache mal den Test.
Wir waren gestern bei der Weinladen-Eröffnung eines Freundes von uns. Zwei Frauen, 22 Uhr abends, wir wollten grad am Kottbusser Tor in die U-Bahn einsteigen, während ich die die Mails auf meinem Iphone checkte. Da drängt sich ein Junge zwischen uns und reißt mir das Smartphone aus der Hand, es war unmöglich es festzuhalten. Ohne eine Schrecksekunde fing ich sofort an zu schreien: „Der hat mein Handy!“ und stürmte dem flüchtenden Burschen hinterher. Ich war ihm erstaunlich dicht auf den Fersen, bestimmt mehr als doppelt so alt wie er und als Frau. Aber ich wusste ich habe im Grunde keine Chance, ihn zu erwischen. Und lief den Bahnsteig lang, rufend, immer hinterher. Alle Köpfe folgten uns.
Und nicht nur die. Plötzlich kam Bewegung in die Menschen. Einer griff nach dem Dieb und griff ins Leere. Ein Zweiter nahm ebenfalls die Verfolgung auf. Dann schlug der Bedrängte einen Haken und lief einem Dritten in die Arme, der ihn festhielt. Der unterstützende Verfolger kam dazu, die beiden jungen Männer hielten den Burschen zwischen sich, nahmen ihm mein Iphone wieder ab, und gaben es mir. Zwei Männer mit Migrationshintergrund übrigens. „Ruf die Polizei,“ sagte einer von ihnen. Und das tat ich.
Ich bin den beiden dankbar. Aber fast mehr noch freue ich mich über ihren Stolz. Wie es sie glücklich machte, das sie helfen konnten. Sie machten keine großen Worte. Der Eine murmelte was von „man kann doch nicht immer weggucken“. Und ganz vorsichtig fügte er hinzu: „Ich glaube das Weggucken machen eher so die Deutschen.“ „Das könnte sein,“ gab ich zu.
Das war jetzt keine Geschichte über das brutale Zusammenschlagen von Fahrgästen in der Berliner U-Bahn, wie wir sie so häufig lesen. Und – war sie langweilig?
Dies ist immer noch unsere Stadt. Sie ist, wie wir sie machen. Ich bin überzeugt: Berlin hat mehr Helden als Schurken. Wer erzählt ihre Geschichten?